Ein Zwergtaucher läuft übers Wasser

In dem kleinen Waldbiotop ist es ruhig geworden. Die wenigen Besucher, die an diesem regnerischen Tag hier unterwegs waren, haben das Gebiet verlassen. Mein Mann und ich sitzen am Ufer eines kleinen Teiches am Rand eines dichten Mischwaldes mit einigen Buchen, Kiefern und Eichen und blicken auf das Wasser. Unsere Aufmerksamkeit gehört den Zwergtauchern, die hier auf dem Gewässer unterwegs sind. Es ist Mitte März und wir erleben ihre beeindruckende Balz.

Ein Zwergtaucher versteckt sich zwischen Ästen

Zwergtaucher auf einem Teich

Dabei ist es gar nicht so einfach, die Tiere auf dem Teich überhaupt zu entdecken: Mit einer Körperlänge von nur knapp 30 cm sind die Vögel sehr klein (daher haben sie auch ihren Namen „Zwerg“taucher bekommen). Außerdem hebt sich ihr dunkles Federkleid nur wenig von dem dunkelbraunen Wasser ab. Oft sind die Vögel tauchend unterwegs und verändern schnell und häufig ihre Position. Wir verbringen viel Zeit damit, die kleinen an Entenküken erinnernde Vögel in der dichten Ufervegetation zwischen den vielen umgestürzten Bäumen zu suchen.

Immer in Bewegung: Schwimmender Zwergtaucher im Prachtgefieder

In den seltenen Momenten, in denen die Zwergtaucher in unserer Nähe auftauchen, können wir Details in ihrem Federkleid erkennen: Deutlich sichtbar ist ein länglicher, gelblich weißer Fleck an der Schnabelbasis. Der Schnabel ist ansonsten schwarz und kurz. Von Nahem betrachtet, erkennen wir, dass das Federkleid nicht einheitlich dunkel gefärbt ist. Während der obere Kopfbereich und der hintere Halsbereich grünlich schwarz schimmern, sind die Federn auf dem Rücken dunkelbraun mit vielen hellen Schattierungen, zur Körperunterseite hin werden sie heller. Bauch und Unterseite sind weiß gefärbt. Ein heller Kontrast zu dem dunklen Federkleid bilden die hinteren Schwanzfedern, die sichtbar werden, wenn die Vögel ihr Gefieder sträuben und wie kleine Wollknäule auf dem Wasser schwimmen. Die Halsseiten, Kehle und Wangen leuchten je nachdem wie das Licht einfällt in wundervollem kastanienbraunem Farbton. Jetzt zur Fortpflanzungszeit im Frühjahr haben die Vögel ihr Prachtgefieder. Männchen und Weibchen unterscheiden sich nicht in ihrem Aussehen. Trotz ihres teilweise sehr intensiv gefärbten Federkleides verschmelzen die Vögel auf dem Wasser förmlich mit ihrer Umgebung: Gut getarnt sind sie perfekt an ihren Lebensraum angepasst. Ich überlege für einen kurzen Moment, wie schwer es sein mag, die Vögel in ihrem graubraunen Schlichtkleid auf einem Gewässer ausfindig zu machen.

Zwergtaucher: Gut getarnt trotz Prachtgefieder

Zwergtaucher im Prachtgefieder

Für unsere Beobachtungen ist es gut, dass der Teich nicht besonders groß ist (150 m lang und circa 70 m breit), denn ohne Fernglas sind die Zwergtaucher trotz des schmucken Prachtkleides nur schwer zu sehen. Viel auffälliger sind dagegen ihre Lautäußerungen, die über den ganzen Teich zu uns dringen. Manchmal, wenn ihre schrillen Trillerrufe zu hören sind, sehen wir die Vögel auch, wie sie hintereinander her über das Wasser laufen. Ein beeindruckendes Schauspiel, das zum Balzverhalten der Tiere gehört und in rasanter Geschwindigkeit von statten geht.

Balzverhalten: Ein Zwergtaucher läuft übers Wasser

Das Glück ist auf meiner Seite, als ich einen solchen Moment mit der Kamera festhalten kann: Die Zwergtaucher sind recht nah, wir können ihre Trillerrufe deutlich hören. Nur wenige Meter vor uns jagen sie plötzlich übers Wasser. Reflexartig folge ich mit der Kamera den vorbeirennenden Vögeln, während ich dauerhaft den Auslöser betätige. Sehr erfreut bin ich darüber, einen der Vögel „erwischt“ zu haben.
Mittlerweile haben sich die Regenwolken verzogen und die Abendsonne beleuchtet den kleinen Teich. In guter Sichtweite taucht vor uns ein Zwergtaucher mit Beute im Schnabel auf. Wir können nicht genau erkennen, was er von seinem Tauchgang mitgebracht hat. Auf den ersten Blick erinnert es an eine Muschel, es könnte aber auch ein kleines Stöckchen oder auch eine Larve sein. Der Zwergtaucher schüttelt sein Mitbringsel an der Wasseroberfläche hin- und her, so als ob es er vom Schlamm befreien und ordentlich sauber waschen will. Um ihn herum entstehen dadurch viele Wasserringe: Es ist ein ganz bezaubernder Moment, den wir hier in der Stille der hereinbrechenden Nacht ganz alleine genießen dürfen. Dann verschwindet der kleine Vogel plötzlich wieder, das Wasser glättet sich und wenige Augenblicke später ist alles wieder so ruhig wie kurz zuvor, so als wenn hier nie der kleine Vogel gewesen wäre.

Zwergtaucher wäscht "Mitbringsel"

Zwergtaucher mit "Beute"

Zwergtaucher wäscht seine "Beute"

Vermutlich handelt es sich bei der „Beute“, die der Zwergtaucher im Schnabel mitgebracht hat, nicht um echte Beute, die von ihm gefressen wird. Wahrscheinlich ist das Mitbringsel ein Präsent für den Partner. Nahrungspräsentation ist ein Verhalten, das auch zum Balzverhalten der Vögel gehört. Auf den vielen Tauchgängen suchen die Vögel aber auch ihre Nahrung: Sie besteht aus Weichtieren, kleinen Krebsen, Fischen, Fröschen und anderen kleinen Tieren.

Trotzdem wir den Teich mit den Zwergtauchern einige Zeit beobachten, können wir nicht genau sagen, wie viele Vögel sich hier niedergelassen haben. Durch das ständige Verschwinden und Wiederauftauchen ist es schwer, einen Überblick zu bekommen. Aber mindestens sind es vier Vögel, denn diese haben wir gleichzeitig gesehen.
An diesem Tag geht die Sonne schnell unter, noch schneller wird es dunkel. Zunehmend wird es schwierig, die Vögel auf dem Wasser zu erkennen, sodass wir beschließen, diesen hübschen Ort zu verlassen. Gerade als wir am Rand des Teiches sind, erklingen plötzlich wieder die Trillerrufe der Zwergtaucher. Kurz darauf sehen wir, wie sie fast über die gesamte Länge des Teiches auf dem Wasser hintereinander herlaufen – so als würde ihnen der Teich ganz alleine gehören.

Ein Zwergtaucher läuft übers Wasser

Zwergtaucher suchen Schutz in der dichten Vegetation

Staunend betrachten wir dieses beeindruckende Schauspiel. Im Dunkel der Nacht gelingen mir sogar noch einige Aufnahmen.
Bei unseren nächsten Besuchen in den folgenden Tagen hören wir schon von Weitem die Trillerrufe der Zwergtaucher. Wir freuen uns, dass die Balz der Vögel noch in Gange ist und sie weiter ihrem Brutgeschäft nachgehen. Zwergtaucher kommen zwar recht häufig an kleineren Gewässern vor, aber oft verlassen sie auch die Brutgebiete, wenn sie gestört werden. Noch einige Male erleben wir das spektakuläre Hintereinanderherjagen übers Wasser, das aber in Intensität und Häufigkeit im Laufe der Zeit weniger wird. Immer noch ist es schwer, die Vögel auf dem Wasser ausfindig zu machen, wenn sie nicht ihre Trillerrufe hören lassen. Manchmal lassen sich die kleinen Taucher für eine ganze Weile überhaupt nicht blicken. Wenn wir nicht genau wüssten, dass sie auf dem Teich leben und ausdauernd warten, bis sie wieder auftauchen, würde man sie nicht wahrnehmen.

Rivalisierende Zwergtaucher

Zwergtaucher kämpfen ums Revier

Einige Male macht uns wildes Wasserplatschen auf die Tiere aufmerksam. Wir beobachten zwei, manchmal sogar vier Vögel, die sich heftig bekämpfen. Wir werden Zeuge von Revierkämpfen, bei denen Zwergtaucher ihr Brutrevier gegen Eindringlinge verteidigen. Heftig gehen die Vögel aufeinander los, drohen, beißen und attackieren sich mit Schnabel und Füßen in vielfältiger Weise.

Für meinen Mann und mich sind es wahre Glücksmomente, die Zwergtaucher auf dem kleinen Teich in unserer Nähe unter solch traumhaften Bedingungen beobachten zu können. Mit großer Freude erleben wir hier einen Schatz, den die Natur uns eindrucksvoll präsentiert.

Zwergtaucher schwimmt auf dem Wasser

Von hinten: Ein Zwergtaucher schwimmt auf dem Wasser

Abtauchender Zwergtaucher