Vogelportät: Kranich (Grus grus)

Kraniche werden auch Vögel des Glücks genannt. Sie sind weltweit bekannte Zugvögel, die durch ihre trompetenartigen Rufe von weitem zu hören sind. Wenn sie sich zu tausenden versammeln, bleibt uns oft nur das Staunen über diese großen Vögel.

 

Aussehen und Größe

Kranich-Bestimmungsmerkmale

1 lange Schmuckfedern 2 roter Scheitelfleck 3 schwarzweiße Kopf- und Halszeichnung

Kraniche sind die größten Vögel Mitteleuropas. Ihre Körpergröße misst aufrechtstehend ca. 120 cm, die Flügelspannweite beträgt ca. 2,20 m. Beide Geschlechter sind kaum zu unterscheiden, die Männchen sind etwas größer und schwerer als die Weibchen. Ihr Gewicht liegt bei etwa 5-7 kg.
Kraniche auf einer Wiese

Kraniche auf einem Feld

Erwachsene Kraniche sind überwiegend grau gefärbt. Sie schreiten am Boden langsam, ihre Körpergestalt wirkt majestätisch. Am Hinterende haben sie auffällige lange Schmuckfedern, die über den Schwanz hinausragen und bei der Balz buschig aufgestellt werden. Markant ist ihr Kopf- und Halsbereich mit den großen weißen Wangen und dem schwarzen Hals. Auffällig ist auch ihr roter Scheitelfleck: eine federlose Stelle, die bei Erregung leuchtend rot anschwillt. Der keilförmige, gelbliche Schnabel ist ca. 10 cm lang (und ist damit deutlich kürzer als beim Weißstorch). Auffallend ist ihr trompetenartiger Ruf.

 

Flugbild
Kranich im Flug - Merkmale

1 langer Hals 2 Beine weit ausgestreckt 3 abgespreizte Federn

Wenn Kraniche fliegen, sind Hals und Beine weit ausgestreckt (im Gegensatz zum Graureiher, der mit eingezogenem s-förmigen Hals fliegt). Die Beine ragen über die Schwanzfedern hinaus. Die Federn an den Flügelenden werden weit abgespreizt und wirken dadurch lang und breit. Kraniche fliegen auf dem Zug laut rufend in V-Formation (mehr dazu unter „Zugverhalten“).

Kraniche im Flug

 Kraniche im Flug

Kraniche im Flug

Kranich im Flug

 

Nahrung

Kraniche sind Allesfresser: Ihre Nahrung ist sehr vielfältig und variiert je nach Verfügbarkeit sehr stark. So stehen Sämereien, Hülsenfrüchte (Erbsen, Bohnen), Beeren, Ernteprodukte (z.B. Mais, Kartoffeln), Insekten, Spinnen, Würmer und kleinere Wirbeltiere auf dem Speiseplan der Vögel. Durch die geringe Spezialisierung können sich die Kraniche den verschiedenen Bedingungen in den unterschiedlichen Lebensräumen (Brut- und Überwinterungsgebiet, Rastgebiet) gut anpassen.
Während der Brutzeit suchen die Vögel ihre Nahrung hauptsächlich in Feuchtgebieten, hier besteht sie vorwiegend aus Insekten, Würmern und anderen kleinen Tieren. Diese tierische Nahrung ist für das Wachstum der jungen Kraniche extrem wichtig. Außerhalb der Brutzeit suchen die Vögel oft abgeerntete Äcker auf. Bevorzugt sind sie auf Maisfeldern unterwegs. In den Überwinterungsgebieten in Frankreich und Spanien stehen Baumfrüchte wie z.B. Eicheln und Reisfelder auf dem Speiseplan der Vögel.

Kraniche auf einem Feld während der Herbstrast

Die Nahrungssuche der Vögel auf den Feldern stellt Landwirte vor große Probleme: Die Vögel richten z.T. beträchtliche Schäden an. Um Kraniche von den Feldern fernzuhalten, gibt es sog. Ablenkfütterungen. Gezielt wird auf abgeernteten Feldern Nahrung (z.B. Mais) ausgestreut, um die rastenden Vögel anzulocken, und sie so von anderen Stellen fernzuhalten. Ziel dieser Fütterungen ist es auch, den Vögeln eine ungestörte Nahrungsfläche zu bieten. Mancherorts sind Ablenkfütterungen mit einer Beobachtungseinrichtung kombiniert.

Kranichfütterung

Trompetende Kraniche

Hier gibt es hervorragende Möglichkeiten Kraniche zu beobachten ohne zu stören (z.B. im KRANORAMA am Günzer See).

 

Lebensraum & Brutverhalten

Kraniche sind Zugvögel, die im Laufe des Jahres verschiedene Lebensräume bewohnen. Zur Brutzeit suchen die Vögel Feuchtgebiete in Mooren, Sümpfen und Bruchwäldern auf.

Kraniche im Brutgebiet

Um im Brutgebiet gut getarnt zu sein legen sich Kraniche eine regelrechte Tarnfärbung zu. Sie tragen dazu auf ihr Gefieder (eisenoxidhaltigem) Schlamm auf, der in winzige Hohlräume des Gefieders eindringt. Nach Verdunsten des Wassers lässt sich das ins Gefieder eingefärbte Eisenoxid nicht mehr herauslösen, das Gefieder ist dadurch braun geworden. Erst mit der Mauser im August/September färbt sich der Rücken wieder grau.

Während mittlerweile einige Kraniche auch in Deutschland brüten, liegen die meisten Brutgebiete weiter im Norden, in Skandinavien, Osteuropa und in Asien.

Kranichpaar am Nest

Kraniche haben in der Regel eine Jahresbrut in der Zeit von April bis Juli.

Wenn die Vögel aus ihren Überwinterungsgebieten zurückkommen, vollführen sie ihre wundervollen Hochzeitstänze, die von ihren lauten trompetenartigen Rufen untermalt werden. Die Tänze sind Ausdruck ihrer Erregung und schon auf Rastplätzen während des Frühjahrszugs in die Brutgebiete zu sehen. Die eigentliche Balz findet in der Nähe des Brutplatzes statt. Sie dient der Einstimmung der Partner aufeinander und zur Vorbereitung der Paarung.
Das Nest errichten beide Partner am Boden. Um ihr Gelege vor Fressfeinden, wie z.B. Füchsen und Wildschweinen zu schützen, bauen sie es bevorzugt im Wasser an schwer zugänglichen Stellen. Das Nest, das bis zu einem Meter im Durchmesser groß ist, besteht aus abgestorbenen Pflanzenteilen, die ca. 20 cm hoch aufgetürmt werden. Das Gelege besteht meistens aus 2 Eiern, die von beiden Partnern ca. 30 Tage abwechselnd bebrütet werden. Die Jungvögel sind Nestflüchter: Nach nur knapp einem Tag folgen sie den Eltern zur Nahrungssuche. Sie werden in den ersten Wochen zusätzlich von den Eltern mit Insekten, Würmern und anderen kleinen Tieren gefüttert. Durch die energiereiche Nahrung können die jungen Kraniche schon nach etwa 10 Wochen fliegen und folgen den Eltern zu Nahrungs- und Sammelplätzen. Bis sie in den Überwinterungsgebieten angekommen sind, bleiben Kraniche im Familienverband zusammen. Die Jungtiere werden mit ca. 3-5 Jahren geschlechtsreif. Nach bisherigen Erkenntnissen führen Kraniche eine monogame Dauerehe, sie bleiben meist ihr ganzes Leben mit einem Partner zusammen.

 

Aussehen der Jungvögel

Kranich: Aussehen der Jungvögel

1 brauner Kopf 2 kurze Federn am Hinterende

Die Jungvögel haben im Gegensatz zu den Eltern ein überwiegend hellbraunes Gefieder und kurze Schwanzfedern. Jungvögel kann man an ihrem braunen Kopf gut erkennen. Die markante schwarz-weiße Kopfzeichnung bildet sich erst im Laufe des erstes Winters aus. Bis die Jungvögel so wie die Altvögel aussehen vergehen 3-4 Jahre.

Kranichfamilie mit Jungtier

Kranichfamilie unterwegs

 

Zugverhalten

Nach der Brutzeit (August/September) verlassen die Vögel die Brutgebiete und ziehen in die Überwinterungsgebiete. Dabei sammeln sich an festen Plätzen. Viele dieser Sammelstellen liegen in Norddeutschland. Hier haben die Vögel einen festen Tagesrhythmus: tagsüber sind sie auf Feldern und Grünflächen unterwegs. Zum Schlafen suchen sie Flachwasserzonen an der Küste oder an Seen auf. Im späteren Herbst (je nach Wetter, etwa Mitte Oktober) fliegen die Kraniche in ihre Überwinterungsgebiete in Spanien und Frankreich. Über relativ schmale Zugrouten gelangen sie in ihre Winterquartiere, die zumeist im Mittelmeerraum liegen. Kraniche sind Kurzstreckenzieher. Bedingt durch die wärmer werdenden Winter verbringen zunehmend Kraniche den Winter auch in Deutschland. Nach dem Winter ziehen die Vögel wieder in die Brutgebiete.

 

Zwischenstopp zum Auftanken

Zwischenrast

Kraniche rasten auf einem Feld

Wenn die Vögel im Herbst aus ihren Brutgebieten zurückkommen, legen sie eine mehrwöchige Pause ein. An festen Rastplätzen, von denen viele im Norden Deutschlands liegen, sammeln sich die Familien mit ihren Jungtieren und auch die Vögel, die keinen Nachwuchs hatten, um dann gemeinsam weiter in den Süden zu fliegen. Die Rast ist für die Vögel sehr wichtig, um neue Kraft für den Weiterflug zu tanken. An den Rastplätzen kommen oft viele tausend Kraniche zusammen. Hier haben die Vögel einen festen Tagesrhythmus: Mit Beginn der Morgendämmerung fliegen sie von ihren Schlafplätzen zur Nahrungssuche auf die Felder. Sie sind in kleinen oder auch großen Trupps tagsüber unterwegs.

Kranich rasten auf einem Feld

Kraniche werden gestört

Kraniche flüchten

Kraniche sind sehr anfällig für Störungen und reagieren mit Flucht, die die Vögel wertvolle Kraft kostet. Hier ist zu sehen, dass die Vögel beunruhigt sind, fast alle haben den Kopf oben. Einige andere flüchten.

Mit der untergehenden Sonne fliegen die Kraniche wieder zu ihren Schlafplätzen im seichten Wasser. Viele tausend Vögel sammeln sich, um dicht beieinanderstehend die Nacht zu verbringen. Die Vögel benötigen große, flache Gewässer, in denen sie nicht gestört werden und wo sie vor Fressfeinden geschützt sind. In 20-30 cm hohen Wasser schlafen die Vögel.

Hier einige Fotos vom abendlichen Einflug der Kraniche zum Schlafplatz:

Kraniche schweben herab

Herabschwebe Kraniche

Kraniche fliegen bei Sonnenuntergang zu ihren Schlafplätzen

Einflug zum Schlafplatz im Sonnenuntergang

Einflug zum Schlafplatz

Am Schlafplatz

Ein Wildschwein läuft durchs Wasser

Auch im Wasser lauern Gefahren: Ein Wildschwein läuft durchs flache Wasser

Einen Erlebnisbericht aus den Rastgebieten findest du im Blog unter:

Die Kraniche sind wieder da!

Im späteren Herbst geht die Reise der Kraniche dann weiter in den Süden. Je nach Lage des Brutgebietes nutzen die Vögel unterschiedliche Zugwege auf ihrem Weg in die Winterquartiere. Von besenderten Vögeln weiß man, dass die Kraniche auf festgelegten Routen fliegen. Jedes Jahr ziehen rund 400.000 Kraniche über Deutschland, um den Winter in Südeuropa und Afrika zu verbringen. Hier wird deutlich welche enorme Verantwortung wir für das Wohl der Tiere haben.

Im Herbst und im Frühjahr kann man Kraniche auf ihrem Zug an vielen Stellen in Deutschland beobachten: ein ganz besonderes Erlebnis!

Kraniche ziehen in den Süden

Oft erfolgt der Zug an wenigen Tagen, die optimale Wetterbedingungen aufweisen. Günstig sind Hochdruckwetterlagen und Rückenwind. Bei guten Bedingungen fliegen die Vögel im nonstop-Flug. Bei Schlechtwetter legen sie Zugpausen ein. Kraniche sind in Trupps mit mehreren hundert Tieren unterwegs.

Kraniche auf dem Zug

Ganz vorne fliegen zugerfahrene Tiere, dahinter Familien mit ihren Jungtieren. Jungvögel kann man an der fehlenden scharz-weißen Kopfzeichnung erkennen (auf dem oberen runden Ausschnitt, es ist der 5. Vogel der ziehenden Kraniche). Bei den erwachsenen Kranichen kann man die  markante Kopfzeichnung erkennen (unteres rundes Foto). Regelmäßig wechseln sich die Vögel an der Spitze ab, denn vorne zu fliegen kostet sehr viel Kraft. 

Kraniche auf dem Zug

Die Vögel fliegen versetzt zum vorderen Tier, in seinem Windschatten. Dadurch entsteht die V-Formation oder auch Keilformation.

Kraniche nutzen die Thermik

Um Kraft während des anstrengenden Fluges zu sparen, segeln Kraniche oft. Sie nutzten auch die Thermik, in dem sie sich durch aufsteigende Winde nach oben schrauben. Hierbei löst sich ihre typische Formation auf und es scheint so, als ob die Tiere völlig orientierungslos sind. 

Ständig kommunizieren die Vögel miteinander. Am Himmel kann man ihre Rufe meistens schon von weitem hören, oft bevor man sie entdecken kann.

Einen ausführlichen Bericht zum Vogelzug findest du im Blog unter:

Der faszinierende Zug der Kraniche.

 

Zugrouten

Je nach Lage der Brutgebiete nutzen Kraniche unterschiedliche Zugwege in die Überwinterungsgebiete. „Unsere“ Kraniche nutzen die sog. westeuropäische Flugroute. Ihr Weg führt aus den Brutgebieten in Skandinavien und Osteuropa nach Frankreich und Spanien. Auf dem Zug überqueren die Vögel Deutschland in einem schmalen Band. In den letzten Jahren hat sich dieser Zugweg verkürzt: Bedingt durch den Klimawandel werden zunehmend Überwinterungsgebiete, die weiter nördlich liegen, von den Vögeln angeflogen. Dies ist vorteilhaft für die Vögel, weil sie dadurch viel Energie sparen.

Eine weitere Flugroute des Graukranichs liegt weiter östlich: Die baltische Zugroute führt Kraniche aus Finnland, Polen und dem Baltikum über osteuropäische Länder nach Nordostafrika.

Kranich auf dem Zug im Schnee

 

Besonderheiten

Woher kennen Kraniche ihren Weg?

Der Zug der Kraniche ist ein spannendes Phänomen, das schon vor vielen tausend Jahren die Menschen begeistert hat. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sich die Vögel nach dem Verlauf der Erdmagnetlinien richten. Sie können die Stärke und Ausrichtung des Erdmagnetfeldes erfassen und dadurch erkennen, wo sie unterwegs sind. Dieser Sinn ermöglicht es ihnen auch bestimmte Plätze (z.B. den Brutplatz) wieder zu finden. Durch die Orientierung am Magnetfeld der Erde können Kraniche auch nachts ihren Weg finden. Meistens fliegen sie jedoch tagsüber und orientieren sich zusätzlich an Landmarken (Gebirgen, Flüssen) und am Stand der Sonne.

Kraniche auf dem Zug

 

Gefährdung

Die einzige in Nord- und Mitteleuropa heimische Kranichart ist der Graukranich (Grus grus), weltweit gibt es 15 Kranicharten. In Europa brüten insgesamt über 130.000 Kranichpaare, die meisten von ihnen in Skandinavien. Deutschland ist Brutheimat von fast 12.000 Paaren (Stand 2020). Dank umfangreicher internationaler und nationaler Schutzmaßnahmen haben Kraniche in den letzten 12 Jahren in ihrem Gesamtbestand um 60 % zugenommen. Großer Bruterfolg und verkürzte Zugwege wirken sich positiv auf den Bestand aus. Kraniche sind aktuell nicht gefährdet. Allerdings macht Trockenheit im Sommer in den Brutgebieten den Tieren zu schaffen und gefährdet zunehmend ihren Bruterfolg.

Kraniche am Schlafplatz

Verwendete Quellen: www.kraniche.de; http://www.bund-dhm.de (Infos zu Kranichen in der Diepholzer Moorniederung); Artikel und Vogelporträt über Kraniche vom NABU; Vogelbücher: Pareys Vogelbuch & Vögel Mitteleuropas